Der Pessimist klagt über den Wind, der Optimist hofft, dass der Wind sich dreht
und der Realist macht das beste daraus.

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Der Protest

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 Das Original dieses Artikels findest Du unter: http://www.onemetre.net/Race/Protest/Protest.htm

Die folgenden Abschnitte enthalten die Essenz der sportlichen Moral eines erwachsenen Seglers, und können dünn-häutige Binnenschiffer mit zartem Wesen beleidigen bzw. desillusionieren.
Geben Sie dieses Material nicht weiter an Minderjährige oder Segler die noch Illusionen haben!
 
Ich war an zwei Protesten auf der jüngsten UK IOM Meisterschaft beteiligt. Beim ersten Protest gab es mich, meinen Gegner und seinen Zeugen, und es stellte sich heraus, es gab drei Versionen von dem Vorfall. Im zweiten Fall gab es mich, meinen Gegner, seine zwei Zeugen und zwei offizielle Beobachter, yup, Du ahnst es, es gab sechs Versionen von diesem Vorfall. Meine Zeugen? Sie erwiesen sich als ungeeignet, da sie weder in der betreffenden Klasse Segeln, noch Mitglieder der Wettfahrtleitung waren. Ich wurde in beiden Verhandlungen DSQ'd, und was mich am meisten ärgerte war, dass es am Ende immer zu einer Mehrheitsentscheidung kam. Die Jury, eigentlich ganz vernünftig, hatte nach der "Mehrheit" der Beweise zu entscheiden, und Ich hatte keine Zeugen, was meinem Protestgegner einen Vorteil verschaffte .
Ich sage meinen ungläubigen Studenten immer, dass so etwas wie eine "Tatsache" oder "die Wahrheit" nicht existent ist. Viel Forschung hat gezeigt, dass Zeugenaussagen außerordentlich unzuverlässig sind.(damit seid auch Ihr und ich gemeint, nicht die vielen verrückten da draußen). Eine klassische Demonstration erfolgte in frühen Psychologie-kursen. Ein Assistent stürmt mit einer Banane bewaffnet in den Hörsaal, hetzt den Professor vom Podium und schreit: "Gib mir dein Geld".
89% der Studenten sagten später kategorisch: der Straßenräuber hielt eine Pistole in der Hand,
Waffenkundige Zeugen konnten Marke, Modell und Kaliber feststellen: „ Yes Sir, ich habe es genau gesehen, es war eine dunkelgraue 45er Magnum Banane ...“
 
So gibt es eigentlich nur drei Dinge, die Du vor einem Protest Wissen musst:
1. Du hast mehr anerkannte Zeugen die Dich unterstützen, als der andere Typ.
2. Du hast mehr anerkannte Zeugen die Dich unterstützen, als der andere Typ.
3. Du hast mehr anerkannte Zeugen die Dich unterstützen, als der andere Typ.
 
Natürlich darfst Du Zeugen nicht beeinflussen, oder zu dem Vorfall befragen. Aber in der realen Welt, möchtest Du, dass Sie Deine Version der Ereignisse unterstützen, nicht die des anderen „Kerls“. Wie kannst Du das herausfinden? Hast Du die "Skippers Warning Advisory Notice" gelesen? Ja? Dann lies Sie bitte noch einmal, denn ab hier kann sich einiges zum Bösen wenden. Du kannst bis an die Grenzen der Sportlichkeit gehen, aber wenn Du diese überschreitest, wirst Du wegen grober Unsportlichkeit aus dem Event ausgeschlossen.
Also gehen wir es an. :-)
 
Die wertvollsten Zeugen sind die beiden Skipper in der Nähe des Vorfalls: der Kerl einen Platz davor, und der Kerl einen Platz dahinter. Geh sofort zu Ihnen. Warte nicht bis das Rennen vorbei ist. Finde sie, bleibe neben ihnen stehen, und frage jeden so schnell wie möglich gerade heraus, ob er Dein Zeuge ist. Du musst dies tun, bevor der andere Kerl sie bekommt. Betone das "mein" in "Sind Sie mein Zeuge?" sehr deutlich, und der „Zeuge“ wird verstehen, was Du meinst. Er wird dann in der Regel eines von zwei Dingen sagen, entweder "Ja, Klar" oder "Nein, ich habe nichts gesehen." Manchmal wird einer sagen: "Nein", und hat eine andere Ausrede. Beide Reaktionen sind gut für Dich.
 
Wenn jemand auf diese Frage sagt "Ja, Klar", müsste er ein Psychopath sein, wenn er dann in der mündlichen Verhandlung gegen Dich aussagt. Nun, Psychopathen sind zwar relativ selten, aber nicht ungewöhnlich bei Segelregatten. Achte darauf, seine Zustimmung zur Zeugenschaft mit so etwas wie: "Danke, ich werde es zu schätzen wissen." zu bestätigen. Das setzt ihn einem subtilen Druck aus, zu Deiner Version von dem Vorfall zu neigen. Versichere Dich seiner Aussage nochmals, wenn der Lauf zu ende ist und alle an Land sind.
 
Wenn der „Zeuge“ sagt: "Nein", mit einer Entschuldigung und dann als Zeuge für den anderen Kerl auftaucht, kannst Du wahrheitsgemäß folgendes sagen: "Aber hast du mir nicht direkt nach dem Vorfall gesagt, Du hast es nicht gesehen? " oder ihn auf andere Weise diskreditieren, indem Du klar-stellst, dass er vorher sagte, er könne nicht aussagen, und jetzt etwas anderes sagt.
 
Formuliere es richtig, und Du kannst beide in Frage stellen, sowohl den Zeugen als auch den Gegner, der ihn gebeten haben muss, sein Zeuge zu sein, und andeuten, dass Dein Protestgegner Druck ausübt. Bedenke in der Protestverhandlung, darfst Du nur die Aussagen in Frage stellen, nicht die Zeugen die sie machen. Anstatt zu sagen "Idiot, Du hast gesagt, Du hast es nicht gesehen !", wäre es weit besser so zu formulieren: "Warum hast du mir vorher gesagt, Du hast nichts gesehen, und jetzt kannst Du Dich perfekt an alles erinnern ? "
 
Achte auf die sehr seltene Art Skipper, die keine dieser beiden Reaktionen zeigt. Er ist klug, und er ist schon ein paar Mal um Bojen gesegelt, er denkt, es ist deine Schuld. Um Ihn kümmern wir uns später.
 
Jetzt ist es Zeit noch andere Zeugen zu finden. Der Gegner kann selbst einen oder zwei Zeugen haben, und Du musst unbedingt mehr Zeugen haben als er. Denke immer daran, dass die sog. "Fakten" in der Verhandlung zur Abstimmung herangezogen werden. So stellst Du sicher, dass Du mehr Stimmen als Dein Gegner hast. Du wirst hierbei, und auch noch bei ein paar anderen Dingen auf die Hilfe eines Kumpels angewiesen sein, der das Rennen von Außen aus beobachtet hat. Du hast doch einen Kumpel auf der Bank, der jedes Rennen Deiner Klasse beobachtet, nicht wahr ? Nein? Echt nicht? Besorge Dir einen, sofort. Ein Kumpel ist ein wesentlich wichtigeres Werkzeug für einen geschickten Skipper als der Funksender. Besser, Du holst Dir gleich zwei. Nicht mal im Traum solltest Du ohne Kumpels auf eine wichtige Regatta gehen. Hol dir die besten Kumpel die du kennst, und kümmere Dich gut um sie, verwöhne ihn/sie mit der richtigen Pflege und Aufmerksamkeit. Ein guter Kumpel ist sein Gewicht in Gold wert, weil er in der Lage ist, Dir die schmerzhafte Wahrheit ins Gesicht zu sagen: „Hör mit dem Unsinn auf, Gib Ruhe und geh nicht Protestieren, Du hast keine Chance !!!“.
 
Dein Kumpel kann Dir auch die Namen oder Nummern der anderen Skippern im Rennen sagen, die in der Nähe des Vorfalls waren. Nähere dich ihnen und frage sie, ob sie Dir als Zeuge gehen würden, wenn das Schiedsgericht nach einem Zeugen verlangt. (Du brauchst ihnen nicht zu verraten, daß Du schon andere Zeugen hast.) Tu dies bei allen in Frage kommenden auf die gleiche Weise und tu es vor allem bevor der Gegner sie fragt. Ein Weg um einen Schritt voraus zu sein, ist nicht bis nach dem schriftlichen Protest zu warten, sondern es vorher zu tun. Auch wenn Du, streng genommen, nur 5 Minuten (oder so) Zeit hast, um Deinen schriftlichen Protest einzureichen, darfst Du nichts überstürzen. Erstens schreibt auch der andere Kerl seinen schrifltichen Protest und zweitens, schafft es keiner von Euch beiden innerhalb der vorgegebenen Zeit, den Protest schriftlich einzureichen, so muß es die Rennleitung für Euch tun. (Ich gehe natürlich hier davon aus, dass Du einen Kontakt mit einem anderen Boot gehabt hast. Wenn dies nicht der Fall ist, dann wirst Du deine eigene schrifltiche Version einbringen müssen.)
 
Du musst Dir sicher sein, dass Deine Zeugen Aussagen im Einklang mit Deiner eigenen machen werden. Ein cleverer Weg, dies zu erreichen ist sicherzustellen, dass Du und Dein Zeuge über den gleichen Vorfall sprechen. So solltest Du zu deinen Zeugen (einzeln natürlich, nicht alle gleichzeitig, Dummkopf) sagen: "Nur, zur bestätigung, erinnern Sie sich, es war der Zwischenfall, wo ich mich auf Backbordbug der Luvtonne näherte..." etc. Du verstehst worauf ich hinaus will. Vielleicht sagst Du das laut im voraus, immer darauf achtend, den Zeugen in keinster Weise in Frage zu stellen oder zu bevormunden den Vorfall betreffend. Es wäre sehr bedauerlich, wenn jemand auf den Gedanken käme, daß Du trotz deines guten Rufes versuchen könntest die Gerechtigkeit zu untergraben. Du? Niemals!
 
Wenn Du wirklich gerissen bist unterscheide deine Darstellung bei einigen unwichtigen Details über den Vorfall um zu Überprüfen wie gut der Zeuge die Situation wirklich beobachtet hat, so dass er gezwungen ist zu sagen: "Nein, ich glaube nicht, dass es so war, ich glaube es war vielmehr so ... ". Ausgezeichnet. Du sagst sofort, "Oh, OK, ich denke es ist so, wie Du es gesehen hast, kein Problem." Solange über periphere Fakten gesprochen wird, ist es in der Tat kein Problem. Jeder, der das Gespräch belauscht,  wird überzeugt sein, dass der Zeuge vollkommen unabhängig agiert und nicht in irgendeiner Weise beeinflusst wurde. Du wirst natürlich auch die richtigen Fakten in der mündlichen Verhandlung präsentieren. Beachte, dass die Zeugen nicht anwesend sind, wenn Du deinen Fall vor der Jury erklärst. Sollte etwas ans Licht gekommen, war es nur eine Kleinigkeit, und Du musst wohl für einen Augenblick verwirrt gewesen sein ...
 
Jetzt ist die Zeit, um sich mit den klugen Skippern auseinanderzusetzen, die sagten, sie können nicht Dein Zeuge sein, aber die Dir keinen Grund als Entschuldigung geben, warum nicht. Diskutiere den Vorfall mit ihnen unter dem Blickwinkel, dass es kein Problem darstellt, weil Sie ja kein Zeuge in diesem Fall sein können. Du könntest sagen, dass Du dir nicht sicher bist, ob Du Protest einreichen wirst. Man kann nie wissen, Du könntest eine wertvolle Information erhalten, der Dich in der Tat entscheiden läßt, nicht zu protestieren. Wenn sie schlußendlich später doch als Zeuge für den anderen Kerl auftauchen, dann weißt du was zu sagen ist: "Hey, der Segler sagte er wäre kein Zeuge und somit habe ich die ganze Sache mit ihm im Detail diskutiert. Das ist ein Trick!"
 
Du wirst natürlich auch mit allen bekannten Zeugen des Gegners zu tun haben. Nun, es ist eigentlich Dein Kumpel, der mit ihnen umgehen muss, es sei denn Du kannst glaubhaft vermitteln, dass Du keine Ahnung hast, dass dies gegnerische Zeugen sind. So oder so, bekommt Sie dazu die ganze Sache zu diskutieren. Wenn Du es bist der mit Ihnen spricht, und die anderen sind ein wenig unerfahren, wirst Du ihre Unabhängigkeit ohne Schwierigkeit zu kompromittieren wissen. Wenn sie schon mal Zeugen waren und wissen wie es läuft, werden sie sagen, dass sie Zeugen der anderen Partei sind. In diesem Fall ziehst Du dich zurück und lässt Deinen Buddy ran. Dein Freund kann die wichtigsten Punkte ihrer Aussagen an Dich weitergeben. Du oder Dein Freund kann erneut sehr gewieft Zweifel säen und Verwirrung stiften durch Variation der wichtigsten Fakten von dem Vorfall in der Diskussion. Achtung: wir sprechen hier über "Fakten" mit den Zeugen der Gegenpartei; "Periphere" Details waren vorher mit Deinen potentiellen Zeugen dran. Meine Güte, Du willst doch nicht Deine eigenen Zeugen verwirren ... Schnapp Dir einfach einige Skipper, die in der Nähe herumstehen und binde sie in die Diskussion ein; was sie gesehen haben ist fast sicher erneut etwas anderes und macht die ganze Sache noch konfuser und schwammiger. Gut so....
 
Die einzigen anderen in Frage kommenden Zeugen sind die offiziellen Oberserver, die an dieser Stelle für die Wettfahrtleitung handeln, und die in der Regel sehr genau wissen, dass sie einen Vorfall nicht im Vorfeld diskutieren dürfen, so ist es wahrscheinlich kontraproduktiv dies zu versuchen. Machst Du jedoch Druck indem Du z.b. sagst "Wow, das ist nicht Euer Ernst, oder Leute?". Wenn sie sagen, "Nun, Sie waren auf Backbordbug " ist die Tür für Dich weit offen, die ganze Sache völlig offen mit ihnen zu diskutieren. Falls Sie jedoch sagen: "Wir können das nicht diskutieren", dann schickst Du Deinen Kumpel anstatt Dir. Hey, wenn Du und Dein Kumpel bereits länger als Team arbeitet, hat er sich bereits zum Zeitpunkt des Vorfalls an die Beobachter geschlichen, schaute ihnen in die Notizen, und fragte unschuldig, "Meine Güte, was war denn das jetzt? ". Wenn Dein Freund gut ist, wird er auch bereits sichergestellt haben, dass die wichtigsten Fakten des Vorfalls in Deinem Sinne richtig mit den Beobachtern klargestellt wurden, entweder direkt oder durch die laute Erörterung direkt neben ihnen mit einigen unschuldigen (und verwirrten) Zuschauern.
 
Nur die härtesten Skipper versuchen einem Zeugen zu sagen was er sagen sollte. Das solltest Du auch gar nicht versuchen, aber Du solltest zumindest klug sein. Frage den Zeugen des Gegners in Deiner nettesten Art und Weise, ob er den Fall vielleicht schon mit dem Gegner diskutiert hat. Wenn ja, frage genau nach, was gesagt wurde, und Du wirst es zu Deinem Vorteil zu nutzen wissen.
 
Also, was kommt unter dem Strich raus beim protestieren? Ihr wisst schon, dass das Zeug oben ironisch gemeint ist, nicht wahr? Oder? Ach, kommt schon, Jungs, Ihr wisst doch, es ist am lustigsten, wenn es bis ins Mark schmerzt, weil man sich in der einen oder anderen Rolle wiedererkennt ... BEDENKE ! Eine Protestverhandlung ist wie ein Münzwurf. Deine Chance ist 50:50. Meist ist es besser, einfach einen oder zwei Kringel zu drehen als eine Disqualifikation zu riskieren, weil Du keinen Kringel gemacht hast. OK, das ist eine Nachricht an:potentielle Hitzköpfe...  Du hast NICHT gedreht und merkst hinterher das Du weniger Zeugen als Dein Gegner, oder schlimmer keine Zeugen hast? GIB AUF!!!. Beruhige Dich und versuche mit dem Rest der Veranstaltung fortzufahren ohne wertvolle Zeit zu verschwenden.

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